Sozialrecht: Pflegegutachten oft falsch – Hohe Erfolgsquote bei Widerspruch

Das Durchschnittsalter der Deutschen steigt, und im höheren Alter sind immer mehr Menschen auf Pflege durch Angehörige oder Betreuungseinrichtungen angewiesen. Um die dadurch entstehenden Aufwendungen abzufedern, gibt es auf entsprechenden Antrag die Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung. Deren Umfang und Höhe hängt von dem Pflegegrad ab, der von der zuständigen Pflegekasse ermittelt wird. Die zuständige Pflegekasse ist bei der Krankenkase angesiedelt, bei der die pflegebedürftige Person versichert ist. Die Pflegekasse beauftragt dann in der Regel den Medizinischen Dienst mit einer Begutachtung der antragstellenden Person in deren Wohnumfeld und bewertet die Pflegebedürftigkeit mit einem Pflegegrad von 0 bis maximal 5. Laufende monatliche Geldleistungen (Pflegegeld) werden erst ab Pflegegrad 2 gezahlt.

Wie Untersuchungen ergeben haben, sind viele der Pflegegutachten falsch und der Pflegebedarf wird zu niedrig eingeschätzt. So wurden etwa im Jahr 2022 insgesamt 2,5 Millionen Pflegegutachten in Deutschland erstellt. In 185.000 Fällen wurde gegen die Einstufung Widerspruch eingelegt, und fast 55.000 dieser Widersprüche (knapp 30%) waren erfolgreich. Es ist somit anzuraten, Pflegegutachten immer sorgfältig auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen und im Zweifelsfalle innerhalb eines Monats nach Zugang der Entscheidung Widerspruch einzulegen.

Auch mit einem ablehnenden Widerspruchsbescheid muss man sich nicht abfinden, sondern man kann Klage vor dem Sozialgericht erheben. Das Gericht wird dann die Entscheidung der Pflegekasse nochmals überprüfen, meist über die Beauftragung einer weiteren Begutachtung durch eine einschlägig qualifizierte Pflegefachkraft. Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist grundsätzlich kostenlos und es besteht kein Anwaltszwang. Lässt man sich anwaltlich vertreten, können dafür Gebühren anfallen, wenn die Klage erfolglos bleibt. Eine Rechtsschutzversicherung deckt aber diese Kosten in der Regel bis auf eine etwaige vereinbarte Selbstbeteiligung ab. Bei einem Erfolg der Klage trägt die Pflegekasse die Anwaltskosten.