Sozialrecht: Witwerrente und Versorgungsehe

Hinterbliebene Ehegatten, die nicht wieder geheiratet haben, können nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung eine Witwen- oder Witwerrente bekommen. Dies gilt allerdings nicht, wenn es sich um eine sogenannte „Versorgungsehe“ gehandelt hat, die zu dem zumindest überwiegenden Zweck abgeschlossen wurde, dem überlebenden Teil einen Rentenanspruch zu verschaffen. Deshalb bestimmt § 46 Abs. 2a des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI), dass ein Rentenanspruch grundsätzlich nicht besteht, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat. Die Vermutung, dass bei einer so kurzen Ehedauer der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, kann aber im konkreten Einzelfall widerlegt werden.

So war es in einem vom Sozialgericht Stutgart entschiedenen Fall (Gerichtsbescheid vom 29.11.2024, Az: S 24 R 4315/21). Der Kläger war seit dem Jahr 2013 der Lebensgefährte des Verstorbenen gewesen, am 27.03.2020 hatten sie geheiratet. Bei dem dann schon am 06.06.2020 verstorbenen Ehegatten war nach einem Verkehrsunfall im Juni 2019 ein nicht heilbarer Hirntumor erkannt worden, der nur palliativ behandelt werden konnte. Die Deutsche Rentenversicherung lehnte den Antrag des Witwers auf Rentengewährung ab, da es sich in Anbetracht der hochmalignen Erkrankung des Verstorbenen bei der Heirat um eine Versorgungsehe im Sinne des § 46 Abs. 2a SGB VI gehandelt habe.

Das Sozialgericht bewertete dies anders. Zumindest bei dem Kläger habe im Vordergrund gestanden, die Liebesbeziehung zu dem Versicherten zu besiegeln und ihre Zusammengehörigkeit durch Heirat nach außen zu zeigen. Die Verwirklichung des langgehegten Heiratswunsches sei das zumindest gleichwertig leitende Motiv für die Eheschließung gewesen. Die beklagte Rentenversicherung wurde deshalb verpflichtet, dem Kläger die beantragte Witwerrente zu gewähren.